Samstag, 10. Januar 2015

Loslassen.de

Dass wir uns in Badami von unseren Mopeds verabschieden sollten, war uns bei der Anreise noch nicht klar! Stefans Tenere, die die letzten 16.000 km tapfer durchgehalten hatte bekam das erste Probleme - sie ging aus sobald man die Kupplung gezogen hat. Sie hatte wohl in Pakistan schon mal angefangen zu husten, aber das hatte sich eigentlich gelegt. Nun wars wieder da - gut - dann machen wir eben alle Siebe und Filter sauber. Leider hat Stefan keine Ersatz-Einspritzdüse mit, was uns am Ende zwei Tage und ihn eine Woche kosten sollte!






Nachdem die Filter sauber waren, stellte sich die Kleene leider quer und sprang gar nicht mehr an. Na toll! Also am nächsten Tag mit Stefan und meiner Enfield nach Baglkot, der nächsten Stadt, wo wir die Einspritzdüse reinigen lassen wollten! 😣😄

Die ersten 3 Stunden verbringen wir damit von einer Werkstatt zur nächsten zu fahren und mit Händen und Füßen nach einem Ultraschallbad bzw. einem Einspritzdüsenreinigungsgerät zu fragen! Nichts leichter als das!!! 😂😂😂

Hunger macht schlechte Laune und deshalb gibt's erstmal ein hervorragendes Essen am Straßenrand - Reis mit Gemüse vom Blechteller und Löffel, die sich anfühlen, wie die Löffel, die wir vom Bleigießen kennen - meeeega dünnes Material. 😄 Aber wenn eins mal sicher ist, dann dass das Essen das geilste und gesündeste ist, das ich bisher kennen gelernt habe. Hab mittlerweile ungefähr 5,5 Kilo verloren und hab mich nie besser gefühlt. Keine Probleme. Nichts. 👌 1,2 Milliarden Vegetarier wissen eben, wie man gut ißt! 😉

Was auch interessant ist - wenn man wirklich gutes veg Essen bekommt, so dass einem nichts fehlt und Kühe, Ziegen und Schweine genauso zum Straßenbild gehören, wie Hunde und Affen, ist es absurd zu sagen: Ich könnte mega gut essen gehen, oder ich kann Dich töten, um dich zu essen!!! 😶

Nach dem Essen und zwei weiteren Ecken stehen wir plötzlich vor einem Yamaha-Showroom mit angeschlossener Werkstatt! YUHU! 
... als wir erstmal ein Foto von der Tenere zeigen müssen, weil sie nicht mal wissen, wie der Bock aussieht, relativiert sich das yuhu natürlich ein wenig! 😣😂 

Die nächsten 1,5 Stunden verbringen wir mit echten, aber leider erfolglosen Bemühungen uns zu helfen und einigen Chai. Nach einer weiteren Stunde in der Stefan dann mit einem Mechaniker zum nächsten Bosch Service fährt und ich ein paar weitere Chai mit dem Chef vom Yamahashop habe, steht ein strahlender Stefan wieder vor mir.
"Sie hatten zwar kein Ultrashallbad, aber sie haben die Düse Indian Way sauber bekommen!"
Zuversicht ist die halbe Miete! 😄
"Öhöm - ich hab nur leider meinen Rucksack im Boschcenter liegen lassen! Der Rucksack fiel aber eh schon halb auseinander - außerdem war da nur ne Flasche Wasser drin!"
"Sonst nichts? Sicher?"
"Sonst nichts! Sicher!"
"Dann los?"
"Ja los!"
"Gut!"

Die Rückfahrt war Mega geil - leere Straßen, gute Luft und wir cruisten schön mit 80 zwischen den Ziegenherden und den vereinzelten Kühen zurück richtung Badami. Heeeerlich! 

Am Hotel angekommen, höre ich nach wenigen Minuten schon das erste leise "FUCK!"
"Was' los?" 
"Mein Schlüssel war auch im Rucksack!"
"DOH!!!"

Ok, dann rufen wir eben da an und sie sollen den Rucksack mit nem TukTuk-Fahrer schicken. Wird schon gehen! Wir können ja mit dem Ersatzschlüssel weiter machen.

Höchste Zeit fürs zweite FUCK! 😄 

Stefan packt die gereinigte Einspritzdüse aus und es ist ihm anscheinend durch gegangen, dass irgendwo ein O-Ring abhanden gekommen ist!!! YIIII-HA!

Das war der Moment wo ich ausgestiegen bin. Dachte ich. 
Ich gab Stefan den Schlüssel - er soll sich beeilen, weil er auf jeden Fall in die Nacht kommen wird.
Er fährt los und ich schnapp' mir mein iPad, gehe im Garten nach vorne, wo ich WiFi-Empfang hab und will endlich mal wieder ein bisschen Blog schreiben.
Kaum stehen die Stühle parat, ich bin eingeloggt und wills mir gerade gemütlich machen, klingelt mein Telefon - Stefan dran! 
"Ähm Behrang, ich mag es dir ja gar nicht sagen, aber dein Bock fährt plötzlich nur noch 60 km/h!" 
Völlig selbstsicher, sagte ich ihm nur, dass er dann entweder gaaaaanz langsam nach Hause kommen soll, oder noch besser, er soll bitte einen Truck anhalten und sich her bringen lassen. Ich mach den Vergaser dann hier sauber - das Spielchen kenn ich schon. Und bestelle mir ein Chai Masala!

Kaum sitze ich wieder und hab meinen Hintern zurecht gerückt, klingelt mein Telefon wieder! 
Mein erster Gedanke - wenn ich nicht dran gehe, ist auch nichts passiert! 😂😂😂
"Ja?!"
"Ähm, also, ich, naja ... Also ich hatte Hilfe von einigen Einheimischen und wir haben die Enfield wieder an bekommen. Dann bin ich ganz vorsichtig - vielleicht 500 Meter gefahren - dann gabs einen lauten Knall und jetzt ist sie aus und es liegt ungefähr ein Lieter Öl unterm Motorrad! 😕"

Das war dann der Moment wo ich den Chai wieder abbestellte und mit Flipflops direkt los bin zum nächsten TukTuk Fahrer. Bis ich einen gefunden hatte, der bereit war die 22 Kilometer nachts zu fahren und wir ihn nach eher 30 Kilometer gefunden hatten stand er schon in einer "Werkstatt" - naja es war eher eine Wellblechhütte mit Schlammboden, einem krummen Schraubenzieher und einer verrosteten Zange. Ganz geil denke ich mir. Je näher ich komme desto genauer ich sehen, wie sie völlig deletantisch am Motorrad runfrickeln. 
Mit einem kurzen Knall platzte mir der Kragen.
Kurzer Hand mal alle freundlich, aber sehr bestimmt zur Seite geschickt - inklusive "Mechaniker", Taschenlampe zwischen die Zähne und mit dem Bordwerkzeug die Zündkerzen raus gedreht, um mir ein Bild vom Kolen zu machen. Mega verrußt und Metallbrösel kleben an der Zündkerze! ÄÄÄÄÄGGG!!! Wer technisch etwas versiert ist, weiß das das alles andere als gut ist. Kickstarter getreten - FlumpFlumpFlumpFlumpFlump! Auf Deutsch - der Kolben ist hin und hat wahrscheinlich den Zylinder mitgerissen!
Alle um mich rum wackeln nur noch mit dem Kopf und sagen, dass sie nicht helfen können! 
ACH!
Stefan versinkt mittlerweile schon im Erdboden. 
Aber Hand aufs Herz, was bringt es wenn ich jetzt mit dem Finger auf jemanden zeige und mich aufrege? Dadurch erwacht mein Moped auch nicht wieder zum Leben. Und wer weiß, ob es nicht so oder so passiert wäre und er nur Pech hatte?
Dann lieber die Energy in eine Lösung investieren. Wir stehen im nirgendwo 30 Kilometer von zu Hause, 90 Kilometer vom nächsten Enfield Showroom, also offizieller Werkstatt und mittlerweile ist es schon neun und stockfinster. Ein LKW ist nicht mehr auf zu treiben, also bleibt nur eine Lösung - abschleppen. Mir wars mit Flipflops, Hippiehose und T-Shirt sowohl zu kalt, als auch zu gefährlich mich von einem TukTuk abschleppen zu lassen. Und ich wollte auch nicht dass Stefan es macht, aber er versicherte, dass es kein Problem sei und wir besorgten ein Seil. Bzw. es wurde ein Seil besorgt - auch mitten im nichts hat man Zuschauer, ungefähr 15 ... oder so. 😄

Ein Junge wurde los geschickt, um ein gutes Seil zu holen. Ich gab ihm 30 Rupies, damit er los ziehen konnte. Als er wieder kommt, gibts Gelächter unter den indischen Jungs und als ich den älteren Herrn, der Englisch konnte und schon die Hälfte der Zeit übersetzte, fragte, was los sei, sagte er, dass das Seil jetzt doch 50 gekostet hätte und der Junge sich nicht trauen würde mehr zu nehmen. Ich habe gelacht und machte ein Scherz, dass sie mir mein letztes Geld nehmen würden und dass ich gar kein Geld mehr zum Essen hätte. Plötzlich wurde der ältere Herr etwas ernster und fragte mich, ob ich denn jetzt kein Geld mehr zum Essen hätte. Ich habe so schnell gar nicht geschnallt und lachte und sagte ja, heute Abend gibt's nur Chabati mit Chai für mich. "How much money you Need?" fragt er mich ganz ernst.
Er hätte mir ernsthaft Geld gegeben. 😳 Ich hab mich natürlich herzlich bedankt und meinte, dass ich nur gescherzt hätte und alles gut wäre. Beiindruckend, finde ich. Ich mein' wir reden hier von wirklich armen Leuten, die in kleinen Dörfern leben und wirklich nichts haben!

Die Rückfahrt war abenteuerlich. Stefan hing ungefähr mit einem Dreiviertel Meter Abstand an der Stoßstange der Ape und los gings. Ich saß dann hinten und hab ihm Handzeichen gegeben, wann Schlaglöcher und Bumper kommen, damit es ihn nicht überraschend trifft und es ihn aus dem Sattel hebt. Alter Schwede, was für ein Ritt!!!


...irgendwas in mir sagt, dass ich mich schon mal mit dem Gedanken anfreunden kann, los zu lassen und den Rest der Reise mit Bus und Zug zu machen. 
Der Affe im Kopf tobt, während ich versuche mich mit dem Gedanken an zu freunden! 😩😄

...naja, schauen wir mal - noch haben wir es ja nicht schwarz auf weiß! 😉

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